Erwähnen möchte ich, dass die Schreibweise zur Vereinfachung nur auf Frauen bezogen ist.
Es könnte auch Trigger geben, ich bitte um Selbstfürsorge beim Lesen.
Auszug aus einem Brief an eine Frauenzeitschrift 2014
Damals wollte ich die Folgen von Traumatisierungen bekannter machen,
es bestand zum damaligen Zeitpunkt jedoch kaum Interesse.
Meine Themen:
komplexe Traumatisierungen und die unterschiedlichen Folgestörungen
Neue Stiftung: Netzwerk Trauma Nest und Seelenflug
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So komme ich zu meinem eigentlichen Anliegen. Und wenn nicht an eine Frauenzeitschrift, an wen sonst sollte ich mich wenden?
Es wird heutzutage schon vermehrt über Traumata gesprochen. Das Wort wird meiner Meinung nach zu häufig ausgesprochen, denn ein Trauma ist immer an eine Lebensbedrohung gekoppelt. Viele überlebende Frauen (und Männer), besonders die mehrfach verletzt wurden, bei denen körperliche Gewalt, gekoppelt an sexualisierte Gewalt und/oder Vernachlässigungen vorliegen, können sich gar nicht mitteilen. Oftmals auch über viele Jahre oder Jahrzehnte sich nicht an die schlimmen Ereignisse und Verletzungen erinnern, die in der frühen Kindheit stattfanden. Diese Frauen leben häufig in einem Funktionsmodus, in dem sie mehr oder weniger gut ihr Leben gestalten. Häufig kommt es dann zu einem „Zusammenbruch“, in dem die bis dahin vorhandene Alltagskompetenz wegbricht. Die Frauen leben dann „unsichtbar“ für andere Menschen – in einem furchtbaren Leid, oftmals völlig isoliert. Diese Menschen sind oft nicht in der Lage zu schreiben, sich mitzuteilen, sie können oft nicht hinausgehen, und sich somit keine Hilfe holen. Und so leben diese verletzten Frauen folglich allein in einer „anhaltenden Dunkelheit“, oftmals mit so schlimmen Flashbacks, die sich dann anfühlen, als wenn die zum Beispiel sexuellen Übergriffe aus der Vergangenheit gerade stattfinden würden. Da besonders komplex traumatisierte Menschen viele Trigger haben – ziehen sie sich aus Angst vor erneuten Flashbacks immer mehr zurück. Es ist wie ein „Teufelskreislauf“.
Die damit häufig verbundene Armut, diese Frauen sind oft von Sozialhilfe abhängig, ist an dem Wissen gekoppelt, wohl kaum eine Chance auf eine Veränderung zu haben, irgendwie aus dieser Situation wieder herauszukommen. Es gibt keine oder nur wenig Anerkennung (auch keine eigene), vielmehr ist das Schuldgefühl, das sowieso immer vorhanden ist, noch mehr im Vordergrund. Es findet oftmals wieder ein Gefühl der „Gewalt“ statt, wenn es um Hilfeanträge geht und Trauma Überlebende sich detailliert mitteilen müssen („sich seelisch ausziehen“), das sie selbst dadurch wieder in die früheren Verletzungen rutschen können und das Leid wieder und wieder durchleben. Denn schon das Ausfüllen eines Formulars kann ein Trigger sein und ein Flashback (Zurückrutschen) auslösen. So werden oftmals keine Hilfeanträge gestellt, die uns Trauma Überlebenden vielleicht zumindest finanziell etwas helfen würden (z.B. OEG oder Fond in Berlin).
Ich möchte an die Öffentlichkeit gehen, da ich der Meinung bin, dass nicht nur von den eigentlichen Verletzungen (sexualisierte Gewalt, Schläge, etc.) gesprochen werden sollte, sondern vielmehr auch davon, was das für die Betroffenen nach so langer Zeit im Alltag bedeutet und vor allen Dingen wie allein sie mit all den Folgestörungen sind.Die Folgestörungen können unterschiedlichster Art sein (siehe Flyer).
Die drei Worte Angst, Scham und Schuld, die sich so leicht aussprechen, sind oft die „Dauergefühle“ von Trauma Überlebenden.
Doch was heißt das für einen Menschen, wenn diese drei Worte ein Leben bestimmen? Diese Gefühle schränken total ein, sie nehmen jegliche Lebensqualität, Alltagskompetenz und Freiheit.
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Ich bin nun Schirmfrau einer neuen Stiftung Netzwerk Trauma Nest und Seelenflug. Diese Stiftung unterstützt traumatisierte Menschen – Einzelheiten sind auf der beigefügten Stiftungskarte ersichtlich.
Diese Stiftung ist wunderbar – und ich wünsche mir, dass diese Stiftung für alle Betroffenen und HelferInnen bekannt und hilfreich wird. Unser Ziel ist es besonders Hilfe für Betroffene möglich zu machen, zum Beispiel durch Unterstützung durch Therapien oder andere Hilfsmöglichkeiten, sofern die Krankenkassen nicht zahlen (und sie zahlen kaum kreative Therapien, wie Körper-, Musik-, Kunsttherapien etc.). Aber auch Institutionen werden unterstützt.
Kunst lässt mich noch immer überleben. Auch wenn ich es mittlerweile geschafft habe, mir ein gutes Netzwerk aufzubauen, ist es nach wie vor schwierig den Alltag leicht zu leben und häufig fühle ich mich nicht nur isoliert, nein, ich bin es, denn oftmals kann ich nur schwer in Kontakt mit anderen Menschen gehen. Durch Ohnmachten habe ich immer wieder schmerzhaft anhaltende Blessuren und die Scham ist dann spürbar, wenn ich wieder einmal draußen einfach umgefallen bin oder erstarrt dahockte und nichts sagen konnte. Am meisten bin wohl aber ich selbst als Frieda verunsichert, denn ich kann all die Einschränkungen nicht durch ein Andersdenken ändern, und der Kontrollverlust ist schwer auszuhalten und schmälert das sowieso kleine Selbstwertgefühl noch mehr.
Mir ist bewusst, nur durch Annahme und Mitgefühl mit mir selbst und allem was zu mir gehört könnte es leichter werden. Doch wie könnte das gehen? Kleinste Unsicherheiten bringen mich in Not, manchmal kann ein Wort, das nur dahingesagt wird, eine Krise auslösen.
Es scheint ein langer und mühevoller Weg zu sein, und ich glaube, es gibt keine anstrengendere Arbeit als Anteilsarbeit – das Hineingehen in das Leid der Vergangenheit, die vielen, schlimmen, damaligen Geschehnisse und Gewalterfahrungen erneut zu spüren, anzuschauen und anzuerkennen. Zu den Anteilen zu spüren, die die sexuellen Übergriffe und Gewalt durchlebt haben und abgespalten wurden, weil das damalige Leid nicht aushaltbar war. Ihnen die Hand zu reichen und sie zu trösten und anzuerkennen, nur durch sie konnte ich überleben. So müsste ich jedem einzelnen Anteil dankbar sein. Doch ich bin es noch nicht, denn sie bereiten im Alltag Probleme. Hinzu kommt, dass einige Anteile sich wie Täter anfühlen und aufführen. Um zu überleben haben sie Verhaltensweisen von diesen übernommen. Aber – und das ist wichtig festzuhalten, anders als in vielen Krimis dargestellt, es besteht absolut keine Gefahr für mein Umfeld, alles Unangenehme wird gegen mich selbst gerichtet und das ist im Außen nicht erkennbar.
Ich habe mir zum Ziel gesetzt, das ich die häufig jahrelangen Folgestörungen von komplexen Traumatisierungen in die Öffentlichkeit bringen möchte und auch hege ich die Hoffnung, das mit Unterstützung von anderen Menschen und Stiftungen oder Institutionen zum Beispiel in Krankenhäusern jeweils ein „Trauma- Zimmer“ eingerichtet wird, denn oft können traumatisierte Menschen gar nicht mit Akuterkrankungen in ein Krankenhaus gehen, weil sie nicht in einem Mehrbett-Zimmer sein können. Und wer als Trauma Überlebende kann sich ein Einzelzimmer finanziell leisten? So leiden diese Menschen zu Hause weiter, bis sie evtl. sogar durch eine durchaus behandelbare Erkrankung „sterben“ könnten.
Es gibt keine Pflegeheime oder Räume für traumatisierte Frauen und die Vorstellung, dass mir vielleicht irgendwann von einem Pfleger mein Hintern abgewischt werden müsste, lässt schon jetzt ungute Gefühle aufkeimen und bringt die Überlegung mit sich, „wie ich es dann schaffen könnte, wenn ich zum Beispiel gelähmt daliegen würde, dieses Leid zu beenden?“ Denn was wäre schlimmer als ständig retraumatisiert zu werden? Sollte ich jemals so daliegen würde ich vermutlich innerlich „immer wieder und wieder sterben“, wenn ein Mann mich berühren und waschen würde. Ich würde hilflos daliegen und müsste es aushalten und wäre ständig getriggert. Vermutlich wäre das für mein Umfeld im Außen nicht einmal erkennbar.
Es ist weiterhin kein gutes Gefühl zu wissen, aus mir hätte auch „gesellschaftlich“ gesehen etwas werden können, wenn die Traumata und Folgen nicht sein würden. Denn ich habe durchaus eine soziale Kompetenz, ich bin eine gute Malerin, ich kann Menschen gut motivieren, ich habe viele Fähigkeiten, die aber nicht wirklich zum Tragen kommen, da Ängste diese beeinträchtigen. Ich könnte also einen guten Job haben, wenn da nicht bereits früh auch körperliche Erkrankungen (sicherlich mit bedingt durch die Traumata) aufgetreten wären.
Mit fünfzehn Jahren, durch einen Unfall ausgelöst konnte ich ein paar Jahre nicht gehen. Heute vermute ich, dass es wohl auch schon Dissoziationen waren. Damals wusste niemand darum. Und ich lernte in einem Berufsbildungswerk für behinderte Menschen den ungeliebten Beruf, Bürokauffrau. Doch ich wollte undmusste von zu Hause weg …
Wenn ich in den Jahren darauf in dem Beruf gearbeitet habe, wurde ich immer wieder körperlich krank. Ich war und bin einfach „keine Bürokauffrau“. Versuche eine Umschulung durch das Arbeitsamt zu erhalten, wurden abgelehnt. So machte ich verschiedenste Weiterbildungen, um mich umzuorientieren.
Ich weiß von mehreren Frauen, die in ähnlichen Lebenssituationen leben und keine Hilfe haben. Einige kommen immer wieder in Psychiatrien, manchmal über viele Monate – doch auch dort wird auf komplexe Traumatisierungen nicht wirklich eingegangen, da die Folgen auch mit anderen Störungen verwechselt werden können. Oftmals dauert es Jahrzehnte, bis die richtige Diagnose komplexe Posttraumatische Belastungsstörung gestellt wird. Auch gibt es meiner Meinung nach zu wenig Fachpersonal, das zum Beispiel eine Weiterbildung nach E. Nijenhuis gemacht hat und sich mit den Folgen einer strukturellen Dissoziation auskennt.
Ich möchte, andere Überlebende ermuntern, das sie es wagen, sich „zuzumuten“. Wir haben genug gelitten und es ist nicht unsere Schuld! Es ist die Schuld der Täter! Nun ist es meiner Meinung nach an der Zeit, die schlimmen Folgen und das Leid von komplex traumatisieren Menschen sichtbar zu machen und eine Akzeptanz oder sogar eine Anerkennung der Folgen in der Gesellschaft zu erzielen.
Ich hoffe, dass Sie mir dabei helfen? Vielleicht könnten komplex traumatisierte Frauen mit ihren verschiedenen Lebensgeschichten, mit all den Einschränkungen und Folgestörungen, in Ihrer Frauenzeitschrift sichtbar“ gemacht werden?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mein durchaus gesellschaftliches Anliegen aufgreifen würden. Ich bin offen für Ihre Ideen.
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